Leider ist nur in seltenen Fällen, etwa
bei der Villa "Auf den Erdhäusern" im Industriegebiet von Lebach an der
Straße nach Primsweiler eine wissenschaftliche Ausgrabung und
Dokumentation erfolgt. Darüber hinaus sind auch Gräberfelder, etwa die
in den 20er-Jahren ergrabene Nekropole nahe des Hofguts "Zur Motten"
sowie die beim Gasleitungsbau 1999 in Thalexweiler entdeckten
Brandgräber, und religiöse Stätten, etwa der nahe der Kläranlage
entdeckte Opferteich, Zeugnisse einer intensiven Besiedlung in
römischer Zeit.
Sicherlich werden mit künftigen Bauprojekten einhergehende Notgrabungen
unsere Kenntnis insbesondere der vorrömischen Vergangenheit der Region
noch mehren können. Mit dem Zusammenbruch des Römischen Reiches beginnt
bis zum Einsetzen der schriftlichen Überlieferung eine dunkle Periode
für die Heimatkunde. Neu ins Land gekommene fränkische Siedler
vermischten sich mit der gallo-romanischen Restbevölkerung und legten
neue Siedlungen an, welche die Ursprünge unserer heutigen Dörfer im
Theeltal bilden.
Geschichtlich betrachtet, setzt sich das heutige Stadtgebiet bis zum
Eintreffen der Französischen Revolution im Jahre 1793 (ähnlich wie das
Saarland) aus mehreren einst unterschiedlichen Herrschaften
angehörenden Teilen zusammen, die kurz skizziert werden sollen.

Den
Kern bildete die im 14. Jahrhundert entstandene Vierherrschaft Lebach,
zu der neben dem Hauptort Lebach auch die Orte Landsweiler,
Niedersaubach, Rümmelbach sowie die Höfe Hahn, Jabach, Wahlen und das
Schloss Motten gehörten. Beteiligt waren an dieser Herrschaft das
Kurfürstentum Trier, die Freiherrn von Hagen, die Abtei Fraulautern
sowie die Herren von Braubach, deren Anteil durch Kauf Anfang des 17.
Jahrhunderts an das Herzogtum Lothringen kam, über welches der Anteil
1766 an den König von Frankreich fiel, der diesen dann in einem
Tauschvertrag 1787 an Pfalz-Zweibrücken abgab. Außer der Abtei
Fraulautern, die nur einen siebtel Anteil besaß, hatten die anderen
drei Hochgerichtsherren einen Anteil von je zwei Siebtel an allen
herrschaftlichen Einkünften.
Die unter dem Dach der Volkshochschule Lebach erschienen Publikationen
haben neben zahlreichen zum Teil schon recht alten Aufsätzen die
Kenntnisse über Struktur und Funktionsweise der zum Heiligen Römischen
Reich Deutscher Nation gehörenden Vierherrschaft beigetragen. Das
Konstrukt der Vierherrschaft führte dazu, dass viele Vorgänge mehrmals
überliefert sind, so finden sich Jahresrechnungen von Lebach bei den
Archivalien aller vier Hochgerichtsherren. Während für die Spätzeit der
Vierherrschaft im 18. Jahrhundert eine gute Aufarbeitung vorliegt, ist
für die Zeit des Hochmittelalters und der frühen Neuzeit noch
Forschungsbedarf zu konstatieren.
Vor allem die Geschichte des uralten Mariä Geburtsmarktes verdient im
Zeitalter des "Kaufhauses Lebach" noch intensiver Betrachtung. Dieser
über Jahrhunderte hinweg zu belegende Markt und ein in Lebach schon
früh zu beobachtender Bestand an Handel und Gewerbe hingen mit der
Infrastruktur zusammen. So führte durch Lebach eine Hauptreisestraße,
die ihre Bedeutung wohl am besten durch eine schon im 16. Jahrhundert
belegte steinerne Brücke über die Theel unterstreicht. Frühe Gewerbe,
wie etwa die Lebacher Mühlen oder die seit dem 15. Jahrhundert
nachweisbaren Gerbereien, verweisen auf eine interessante Wirtschafts-
und Sozialgeschichte, die sich bisher nur in Ansätzen zeigt, etwa in
den Berufsbezeichnungen in den Lebacher Familienbüchern.
Das untrennbar mit Lebach verbundene Geschlecht der Freiherren von
Hagen, von dem noch heute in Lebach die Grabmäler in der Pfarrkirche
und die Reste der Schlossanlage La Motte zeugen, wurde vor kurzem durch
eine umfangreiche Studie dokumentiert und in einer reich bebilderten
Publikation einer interessierten Öffentlichkeit dargestellt.
Eindrucksvoll wird so jedermann deutlich, zu welch hohen Positionen,
etwa Kurfürst von Trier oder Reichshofratspräsident zu Wien, damals
Angehörige einer Lebacher Adelsfamilie gelangen konnten.
Die heutigen Stadtteile Aschbach, Dörsdorf, Steinbach, Thalexweiler
sowie Gresaubach haben eine gemeinsame und von der Vierherrschaft
unabhängige Vergangenheit. Diese fünf Dörfer gehörten zum Amt
Schaumburg, welches dem Herzog von Lothringen als Vogt der Abtei Tholey
gehörte. Während die Einwohner von Gresaubach direkte Untertanen des
Herzogs von Lothringen waren, bildeten die vier Theeltaldörfer eine
Meierei, die den Abt von Tholey als Grundgerichtsherrn anerkannte.
Mit dem Erwerb eines Anteils an Lebach durch Lothringen begann eine
gemeinsame Geschichte, die durch die Ereignisse der Französischen
Revolution bis zur Gebiets- und Verwaltungsreform wieder unterbrochen
wurde.
Die Stadtteile Eidenborn, Falscheid und Knorscheid bilden wiederum eine
Gruppe mit eigener geschichtlicher Tradition. Ursprünglich
zersplitterte Besitzverhältnisse konnte das Fürstentum
Nassau-Saarbrücken durch Kauf und Tausch kontinuierlich an sich bringen.
Ausschnitt aus einer
Lebacher Postkarte um 1935;
die Stadt hat sich um die
Kirche herum entwickelt. Es fehlen die Umgehungsstraße und die heutige
Fußgängerzone links von der Mottenerstraße.
Für die jüngere Geschichtsforschung des 19. und 20. Jahrhundert legen
zahlreiche Artikel verschiedener Heimatforscher Zeugnis ab, zu denen in
den letzten Jahren der Lebacher Kalender mit seiner Themenvielfalt und
interessanten Fotodokumenten als echte Bereicherung hinzu kam. Leider
ist eine systematische Arbeit über Lebach als Marktflecken in
preußischer Zeit mit Sitz vieler öffentlicher Einrichtungen, etwa des
Amtsgerichtes und des Notariates, noch nicht erschienen.
Dieser nur schlaglichtartige Überblick zeigt, welch reiches
historisches Erbe auf dem heutigen Stadtgebiet von Lebach vorhanden
ist. Historiker und Heimatforscher sind gerade in den letzten Jahren
dabei, immer mehr Kenntnisse dieses Erbes wiederzuentdecken und einer
interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das Historische
Seminar der Volkshochschule Lebach bietet dabei eine gute
Arbeitsplattform zu Zusammenarbeit und Austausch der Forschenden, gibt
aber auch den notwendigen Rahmen für die Publikation von Ergebnissen,
die von einer großen Öffentlichkeit begeistert aufgenommen werden. Man
darf auf weitere Entdeckungen aus einer reichhaltigen Historie gespannt
sein.
Johannes Naumann
Der Artikel wurde am 29. Mai 2002 in
der Saarbrücker Zeitung veröffentlicht und erscheint hier mit
Zustimmung des Autors.